Zu den Störungsbildern
Bevor Sie sich für eine psychodynamische Psychotherapie in meiner Praxis entscheiden, möchte ich ihnen einzelne Störungen und deren Behandlungsbesonderheiten näher erläutern.
Ich möchte Ihnen daher zunächst erklären, was heute unter psychischen und psychosomatischen Störungen verstanden wird. Psychische oder seelisch ausgelöste Störungsbilder sind gekennzeichnet durch eine gefühlsmäßig erlebte Beeinträchtigung mit erheblicher Auswirkung auf das Gefühlsleben. Hierunter zählen beispielsweise seelische Leidenszustände verbunden mit Depressivität, Ängsten, Zwängen, aber auch Verhaltensauffälligkeiten oder Probleme im Umgang mit anderen Menschen (Persönlichkeitsstörungen).
Oft führt das Bestehen einer andauernden seelischen Belastung mit Stresserleben in einen Zustand der Erschöpfung, der auch als Burn-Out bezeichnet wird. Allen diesen Störungen ist gemeinsam das gute Ansprechen auf Psychotherapie.
Einige besonders schwere seelische Leiden gehen ursächlich auch mit einer medizinisch fassbaren Veränderung der Überträgerstoffe zwischen bestimmten Nervenzellen im Gehirn einher und müssen daher mit Psychopharmaka behandelt werden. Aber auch diese Störungen (z.B. Psychosen, schwere Depressionen) ereignen sich nicht losgelöst von den realen Lebenserfahrungen, die durch die Betroffenen nicht mehr gemeistert werden konnten oder trotz bestehender Einschränkungen mit psychotherapeutischer Unterstützung künftig besser gemeistert werden könnten.
Nachdem sie nun primär psychisch verursachte Störungen näher kennen gelernt haben, möchte
ich Ihnen auch Hinweise auf jene Störungen geben, die wir heute als psychosomatisch verursacht zusammenfassen.
Das Verständnis der Gruppe psychosomatischer Störungen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach verändert und erweitert. So gehen zunächst die bereits beschriebenen psychischen Störungen nicht selten, ja nahezu immer auch mit körperlichen Symptomen einher. Diese körperlichen Beschwerden sind Teil der seelischen Störung und gehören zur Symptomatik einer seelischen Störung wie das Wappen zur Zahl einer Münze.
Depressive Störungen gehen häufig einher mit Schmerzen, Verdauungsstörungen oder Herzdruckgefühl. Angststörungen werden begleitet von Herzbeschwerden wie Herzrasen, starkem Herzschlag, Schweißausbruch, Unruhe mit Muskelzittern, bei Zwängen finden sich als körperliche Beschwerden häufig Muskel- und Rückenschmerzen, Zahnschmerzen, Verdauungsbeschwerden usw. Eine Reihe von Patienten zeichnet sich überdies dadurch aus, dass es Ihnen grundsätzlich schwer fällt, die eigenen Gefühle spüren, benennen oder unterscheiden zu können. Manchmal besteht der Eindruck, als hätten sie keine Gefühle oder der Kontakt zum eigenen Gefühlsleben ist unterbrochen. Man nennt diesen Zustand Alexithymie. Dann kann es vorkommen, dass der Arzt nur wegen der begleitenden körperlichen Symptome aufgesucht wird, ohne dass eine medizinisch fassbare Ursache zu finden ist.
Folgende Diagnosen können von mir behandelt werden:
> psychosomatische Störungen des gesamten Störungsspektrums, insbesondere sog. somatoforme bzw. neurotische Störungen, somatoforme Schmerzstörungen einschließlich Fibromyalgie, Migräne, Spannungskopfschmerz, psychosomatisch bedingter Tinnitus, psychosomatische Funktionsstörungen innerer Organe, sexuelle Funktionsstörungen (Impotenz, mangelndes Sexualverlangen, Schmerzen) psychogene Schlafstörungen
> psychische Störungen wie Depression, Angst- und Zwangsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen sowie Folgestörungen psychotraumatischer Erfahrungen und psychische Krankheitsverarbeitungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen, Erschöpfungssyndrome (Burnout), persönliche Lebenskrisen, Bewältigung von (pathologischer) Trauer, Mobbingerfahrungen am Arbeitsplatz, Beziehungs- und Partnerschaftskonflikte
> Verhaltensstörungen, insbesondere Störungen des Sexualverhaltens und der sexuellen Identität und Orientierung, Impulskontrollstörungen, nicht-stoffgebundene Süchte (Spielsucht, Computersucht, Kaufsucht etc.), Eßstörungen (Adipositas permagna, Binge Eating, Anorexie und Bulimie)
Es gibt jedoch auch Übergänge zur großen Gruppe der psychosomatischen Störungen im engeren Sinn. Bei dieser Gruppe von Störungen hat sich bei der unbewußten Suche nach einer kreativen Lösung der langandauernden psychischen Notsituation nicht eine seelische, sondern eine körperliche Symptomatik eingestellt. Diese körperliche Symptomatik kann viele Organbereiche betreffen wird nachfolgend näher beschrieben (siehe Menüpunkte).
Somatoforme Störungen
Somatoforme Störungen sind Erkrankungen, die von Patienten als körperliche Symptomatik erlebt werden, ohne daß körperliche Krankheitsbefunde vorliegen. Selbstverständlich muß vor Beginn
einer psychotherapeutischen Behandlung eine prinzipiell mögliche körperliche Erkrankung als Ur-
sache der Beschwerden per medizinischer Diagnostik ausgeschlossen werden. Eine Abgrenzung gegen körperliche Begleitsymptome primär psychischer Störungsbilder (z.B. Angststörungen, depressive Störungen) ist oft erst im Laufe der weiteren Behandlung möglich. Viele primär
psychische Störungen gehen mit körperlichen Begleitsymptomen einher; in manchen Fällen stehen
diese sogar ganz im Vordergrund, insbesondere bei Patienten, denen der Zugang zu ihrem Innenleben schwer fällt.
Patienten wenden sich bei bestehenden somatoformen Störungen zunächst an Haus- und Fachärzte und erwarten körperliche Diagnostik. Da sie sich bei der Mitteilung eines gesunden körperlichen Zustandes durch organmedizinisch ausgebildete Ärzte nicht verstanden fühlen, kommt es regelmäßig zu einer charakteristischen Belastung der Arzt-Patienten-Beziehung. Die Patienten neigen aufgrund der fortbestehenden Beschwerden bei ergebnisloser körperlicher Diagnostik und einer ängstlichen Erwartungshaltung zu Misstrauen und häufigem Arztwechsel oder fühlen sich – obwohl kostenpflichtig – besonders angesprochen von den Angeboten der Alternativmedizin.
Das Behandlungsverständnis der psychodynamisch begründeten Therapie geht davon aus, dass das somatoforme Symptom zu verstehen ist Befindensstörung, ausgelöst durch eine übermäßige, auf
den Körper gerichtete Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeitssteigerung nimmt ihren Ausgang bei körperlichen Minimalbefunden oder angstvoll überinterpretierten körperlichen Funktionsabläufen,
die bei bestehenden psychischen Konflikten unbewusst als bedrohliche Zeichen einer körperlichen Erkrankung fehlinterpretiert werden können. Da dieses Symptomerleben zugleich eine Antwort auf der Suche nach einer Erklärung für die gefühlte, aber nicht erklärbare (weil häufig unbewußt bestimmte) Konfliktspannung darstellt, erlangt das Symptom Stabilität und chronifiziert. Mit den Methoden einer psychodynamischen Psychotherapie wird nach der hinter dem Symptom verborgenen Konfliktspannung gesucht, um diese zu verstehen und zu lindern und die ängstliche Erwartungs-
haltung abzubauen.
Psychosomatisch gestörte Patienten zeigen typische Persönlichkeits- und Charakterzüge, etwa eine Schwierigkeit, ihr Gefühlsleben wahrzunehmen und benennen („Alexithymie“). Sie reagieren auf emotional belastende Situationen, die sie psychisch nicht zu verarbeiten vermögen, mit einer Hinwendung zum eigenen Körper und dessen Zustand, entwickeln dabei aber Streßreaktionen und deren Folgen, ebenso charakteristische Ängste und eine Sensibilisierung gegenüber Befindens-
schwankungen. Wenn sie beispielsweise nicht gelernt haben, gegen Ungerechtigkeit anzukämpfen und sich bei Zurückweisungserfahrungen hilflos, passiv fühlen, reagiert ihr Körper mit Anspannung der Muskulatur (z.B. Rückenschmerzen) oder körperlichen Zeichen der Angst und Selbstaufgabe (z.B. Durchfall). In einigen Fällen übernehmen auch körperliche Funktionsstörungen eine Zeichenfunktion, die dem Patienten mittels Sprache nicht möglich ist: Etwa der Ausbildung von Schwindel- und Ohnmachtsanfällen, durch die Gefühle von Schwäche gezeigt werden können, die andernfalls ausgeprägte Schamgefühle auslösen würden.
In der Therapie heißt es hier besonders, die Signale des Körpers zu verstehen und die unbewußten Signale des Körpers in Sprache (rück-) zu übersetzen. Die Sensibilität und die positive Annahme des Körpers wird durch verschiedene körperbezogene Therapieverfahren erleichtert.
Neben dem beschriebenen Zusammenhang mit einer unbewußten psychischen Konfliktspannung werden Entstehung und Chronifizierung psychosomatischer Störungen auch mit Ergebnissen der neurobiologischen Grundlagenforschung, Befunden der Stressforschung und Lernprozessen begründet.
Depressive Störungen
Während die Depression in der Psychiatrie lange Zeit als schicksalshaft hinzunehmende Seelenverfinsterung verstanden wurden, verursacht durch hypothetische endogene (d.h. in einer gestörten Hirnfunktion begründete) Faktoren, fragten Psychoanalyse und moderne Fachpsychotherapie von Anfang an nach den seelischen Verarbeitungsmechanismen konkreter deprimierender Erfahrungen. Inzwischen hat eine Annäherung zwischen beiden Positionen stattgefunden: So musste einerseits die sog. endogen verursachte Depression als diagnostische Kategorie aufgegeben werden, andererseits bestreiten Psychotherapeuten nicht länger die Notwendigkeit eines unterstützenden Einsatzes von antidepressiven Medikamenten während bestimmter Erkrankungsphasen.
Nach meinem Therapieverständnis spielen bei jeder depressiven Störung Fragen der seelischen Verarbeitung von deprimierend erlebten Erfahrungen eine zentrale Rolle. Erst die Aufarbeitung eines gefühlshaft empfundenen Wiedererlebens belastender und nicht verarbeiteter früherer Beziehungserfahrungen ermöglicht ein Verständnis dafür, weshalb aktuelle Belastungen, die andere Menschen verkraften können, bei bestimmten Personen zu tiefen Irritationen des Gefühlslebens führen können. Oft stellen sich einstmals überlebensnotwendige Anpassungsstrategien etwa an familiäre Konfliktspannungen in der Kindheit, die unbewusst beibehalten wurden, als entscheidende Einschränkungen des Erlebens und Hindernisse auf dem Weg zu Befriedigung und Lebensglück heraus. Es genügt jedoch – so wichtig auch das rationale Verstehen sein mag – nicht, diesen Zusammenhang auf Verstandesebene zu klären; neues Vertrauen etwa muss gewagt, erlebt und durchlitten werden.
Während antidepressive Medikamente nur die Reaktionsbereitschaft auf erneute emotionale Belastungen etwas lindern können, ist durch eine Psychotherapie eine Umprägung krankmachender verinnerlichter Erwartungen an andere, von unbewußt gehegten Befürchtungen, von vorab festgelegten Einstellungen und Glaubenssätzen möglich. Gerade eine psychodynamische Psychotherapie bleibt nicht bei der Bearbeitung aktuell deprimierender Erfahrungen stehen, sondern entfaltet ihre nachhaltige Wirkung erst in der Verknüpfung mit einer biografischen Tiefendimension und Aufarbeitung aktualisierter Vergangenheitserfahrungen. Psychotherapie ist dann eine seelisch erneuernde Erfahrung, die das Muster krankmachender, aber realer Vergangenheitserfahrungen und die daraus resultierende Phantasiewelt von Befürchtungen und Mißtrauen verändern kann. Dies setzt die Fähigkeit voraus, sich selbst zum Gegenstand der Beobachtung zu nehmen, was in akuten und schweren Phasen einer depressiven Störung in der Regel nicht möglich ist. Daher ist hier auch der Einsatz von antidepressiven Medikamenten zwingend. Auch ist der Gegenstand der Beobachtung weniger das konkrete Reagieren auf eine aktuelle Belastungssituation, als das hierin zum Ausdruck gebrachte Gewohnheitsmäßige der eigenen Reaktionsmuster gerichtet, besonders im Umgang mit unerwünschten, häufig geradezu verpönten Gefühlen wie Ärger, Enttäuschung, Neid, Wut und Zorn. Ausgeprägte Selbstunwertgefühle als Folge der Hilflosigkeit angesichts der nicht gewollten, aber immer wieder sich ereignenden Konfliktspannungen werden sich auflösen, sobald im Kontakt mit anderen Menschen befriedigendere Beziehungserfahrungen möglich werden. Die wachsende Fähigkeit, anderen Menschen vorurteilsfreier und angstfreier zu begegnen, befreit vom Zwang, den Anderen permanent ändern zu müssen und letztlich doch immer wieder in verstrickten Beziehungen stecken zu bleiben.
Angststörungen
Zwar wird schon seit den Anfängen der Psychoanalyse auch in der psychodynamischen Psychotherapie zwischen verschiedenen Formen von Ängsten (z.B. ungerichtete Ängste bei sog. Angstneurosen, heute „Panikstörung“ und „generalisierter Angststörung“) und gerichteten Ängsten (heute „Agoraphobie“ und „soziale Phobie“) unterschieden. Die Behandlungskonzeption betont
aber gemeinsame Ursachen aller Angststörungen: die Verbindung einer aktuellen Symptomatik mit einem psychischen Hintergrundgeschehen, das zu beeinflussen erst nachhaltige Erfolge garantiert.
Zu diesem psychischen Hintergrundgeschehen zählen im Falle neurotischer Ängste verdrängte Konflikte, psychische Entwicklungsprobleme und gestörte Bindungserfahrungen in der Lebens-
geschichte.
Aufarbeitung der Hintergrundproblematik heißt, nicht bei den konkreten Befürchtungen gerichteter Ängste stehen zu bleiben. Erst die Klärung der Verbindungen mit unbewussten Phantasien erlaubt
zu erfassen, vor welchen inneren und äußeren Sachverhalten der Patient tatsächlich Angst hat, während die assoziative Wahrnehmungsverschiebung auf den vermeintlich erklärenden konkreten Angstinhalt keine wirklich beruhigende Erklärung liefert.
Die Angst als zentrales Symptom wird jedoch erst nachlassen, wenn im Rahmen einer selbst gesteuerten Symptomexposition auch die Auseinandersetzung mit der Vermeidung zum Thema der
zu bearbeitenden Konfliktdynamik gemacht wird.
Im Falle der Agoraphobie und der sozialen Ängste spielt oft die Angst vor Erniedrigung und Beschämung eine zentrale Rolle. Neben der selbst gesteuerten Angstexposition wird die Bearbeitung der mit dem assoziativen Feld verbundenen unbewussten Konflikte zu einem Garanten der Nachhaltigkeit von Psychotherapie.
Im Falle ungerichteter Ängste erlaubt die Erarbeitung einer Hintergrundtheorie, bisher scheinbar überraschende und nicht zu verstehende generalisierte Ängste oder Panikattacken als spezielle Störung der Affektregulation zu verstehen. Zu Tage treten häufig Bedrohungsphantasien im Hinblick auf sich selbst, oft in der Folge pathogener Beziehungserfahrungen. So zeichnen sich Patienten mit generalisierten Ängsten durch die Erfahrung gestörter sozialer Beziehungen in ihrer Entwicklung aus, die ein permanentes Gefühl des Angewiesen-Seins im Dienste von Sicherheit auslösen bei jederzeit mobilisierbaren Verlustängsten. Die Panikstörung wird gesteuert von einem Erschrecken über sich selbst, getragen von überhöhten Ansprüchen und einem überkritischen, verurteilenden Blick auf sich selbst.
Psychodynamische Psychotherapie, die zu mehr als einer Gewöhnung an bislang angstvoll vermiedene Situationen werden will, setzt die Bereitschaft voraus, sich mit diesen „weißen Abschnitten auf der Landkarte der eigenen Persönlichkeit“ auseinandersetzen zu wollen, bietet dafür aber einen nachhaltigen Behandlungserfolg.
Persönlichkeitsstörungen
Charakterzüge und Persönlichkeitseigenschaften, die sich in Art und Ausmaß vom kulturell Erwartbaren einer Gesellschaft deutlich unterscheiden und für das Individuum über lange Zeiträume typisch sind, werden als Persönlichkeitsstörungen bezeichnet. Oft zeigen sich diese für die Betroffenen als unverständliche Reaktion ihrer Umwelt, da sie für den Betroffenen selbst oft als identitätsstiftende Eigenschaften wahrgenommen und verteidigt werden.
Die Ursachen von Persönlichkeitsstörungen liegen in negativen Beziehungserfahrungen – manchmal psychotraumatischen Erfahrungen – oft bereits in frühen Phasen der Persönlichkeitsentwicklung, die die Betroffenen zu besonderen (Charakter-)Anpassungen zwangen, die auch später beibehalten werden, wenn die früheren Anlässe nicht mehr vorliegen.
Da das Verhaltensrepertoire sich weiterhin an den durch pathogene Erfahrungen geprägten Erwartungen an andere orientiert oder eine besondere Empfindsamkeit gegenüber scheinbar ähnlichen Erfahrungen fortbesteht, sind Patienten mit Persönlichkeitsstörungen besonders gefährdet für permanente Beziehungskonflikte und Entwicklungsstörungen.
Zwangsstörungen
Obwohl Zwänge ursächlich unspezifisch sind und sowohl als Handlungs- wie als Denkzwänge im Verlauf auch anderer psychiatrischer Erkrankungen auftreten können, sind sie vor allem das Leitsymptom der (neurotischen) Zwangsstörung. Es gibt darüber hinaus ein Spektrum von weiteren psychischen Störungsbildern, die teilweise Zwangscharakter haben oder mit Zwangssymptomen einhergehen können (Essstörungen, Perversionen, Süchte, artifizielle Störungen (Selbstbeschädigungshandlungen), Trichotillomanie (impulshaftes Haareausreißen), körperdysmorphe Störungen (veränderte Körperselbstwahrnehmung)).
Einige somatoforme Störungsbilder kommen besonders häufig vor bei Patienten mit einer Zwangspersönlichkeit, die von Zwangssymptomen unterschieden werden muß.
Zwänge werden im hier vertretenen Therapiekonzept psychodynamisch verstanden als magische Kompromissbildung. Diese ist verbunden mit typischen Interaktionsmustern zur Abwehr einer unbewußten Konfliktspannung zwischen unbewußt andrängenden, aber schamvoll erlebten und daher abgewehrten Wünschen (unreifer, chaotisch-destruktiver, antisozial-expansiver, sadistischer oder erotischer Art).
Die Behandlung hat das Ziel, bisher gehemmte Impulse in den Fokus der Psychotherapie zu rücken und die beschriebene Konfliktspannung als unbewußte Inszenierung einer Rebellion auf der Bühne daraus abgeleiteter Konflikte (etwa zwischen Unterordnung und Aufsässigkeit, Gehorsam und Sich-Auflehnen) aufzuarbeiten. Zwangsneurotiker geben ihren Therapeuten und Mitmenschen immer wieder das Gefühl, bezwungen zu werden, allen (auch unsozialen) Forderungen nachgeben zu müssen, während an sie gestellte Forderungen vermeintlich uneinlösbar sind.
Mit wachsendem psychotherapeutischem Verständnis für diese Beziehungsmuster auf der Grundlage einer gelingenden Konfliktlösung können Erfahrungen der Anerkennung von Gegenseitigkeit und echter Emanzipation auch unter Aufgabe des Zwangssymptoms gemacht werden.
Essstörungen
Essstörungen sind eine der häufigsten psychosomatischen Symptombildungen im jüngeren Lebensalter. Unterschieden werden neben Magersucht (Anorexie) und Eß-Brech-Sucht (Bulimie) auch Essstörungen, die zu Übergewicht führen. Vor allem das Binge-Eating (episodische Eßattacken ohne gewichtsregulierende Gegenmaßnahmen) kann auch im späteren Alter beibehalten werden.
Das psychodynamisch begründete Störungs- und Behandlungskonzept geht bei Magersuchtspatientinnen – häufig in Phasen einer Verunsicherung – von einer unbewußten Flucht in eine verzerrte asketische Idealbildung aus, verbunden mit einem Triumph gegenüber andrängenden körperlichen Bedürfnissen mit Auswirkung auf das Körperbild.
Bei der Ess-Brech-Sucht werden häufig angstmachende und verunsichernde Lebens- und Verführungssituationen unbewußt verschoben auf die Angst vor dem Zunehmen durch verführerische Nahrungsmittel und mit permanenter Lustdrosselung (Hungern) beantwortet. Dieser Vorgang provoziert erst (als sog. Impulsdurchbruch) Heißhungerattacken und findet im Erbrechen schließlich eine süchtig-entlastende Gewichts- und Gefühlsregulierung.
Bei ausgeprägtem Übergewicht liegt in der Regel eine Essverhaltensstörung auf der Grundlage einer unbewussten psychischen Funktionalisierung des Essens vor (etwa im Dienste der Selbsttröstung,
der Beruhigung, der Entängstigung, der Stimulation).
Da Patienten sich subjektiv zunächst ihren Essstörungen ausgeliefert fühlen und die unbewußte Funktionalisierung ihres Symptomverhaltens nicht zu erkennen vermögen, kommt es regelmäßig zu Bestimmungskonflikten, sobald Eltern oder Therapeuten am Ziel einer Normalisierung des Essver-
haltens festhalten. Diese müssen psychotherapeutisch durchgearbeitet werden.
Daher hat sich bei Patienten mit Untergewicht eine Zusammenarbeit mit einer Klinik bewährt. Während der stationären Behandlungsphase steht zunächst ganz die Gewichtsnormalisierung im Vordergrund. Die anschließende ambulante psychodynamische Psychotherapie hat das Ziel, ungünstige Einflüsse auf das Eßverhalten zu identifizieren und Rückfälle zu verhindern. Obwohl auch mit Verträgen zur Regulierung des Essverhaltens gearbeitet werden kann, stehen anders als in einer kognitiven Verhaltenstherapie die Disziplinierung und das Impulskontrollmanagement oder die Einhaltung einer Diätetik nicht im Vordergrund der Behandlung.
Die psychodynamische Psychotherapie von Essstörungen versucht, die unbewußte psychische Funk-
tion des Symptomverhaltens aufzudecken und symptomunterhaltende unbewußte Konflikte zu erkennen und aufzulösen. Oft im Anschluß an eine stationäre Behandlungsphase stehen im Mittelpunkt einer sich anschließenden ambulanten psychodynamischen Psychotherapie Fragen nach dem Verständnis und der Annahme des im Symptom sich artikulierenden Begehrens. Bedeutsam sind darüber hinaus eine Unterstützung bei der Lösung alterstypischer Konflikte und Reifungsprobleme und die Suche nach nicht destruktiven oder autoaggressiven Wegen der Konfliktentlastung unter dem Schutz einer haltgebenden therapeutischen Beziehung.
Im Fokus stehen Konflikt und Lösungsstrategien, die ohne Therapie zu Rückfällen führen könnten.
Die Therapie entzieht dem Symptomverhalten seine bislang unbewußte innere Notwendigkeit und erlaubt den Patientinnen schließlich, auf das Symptom zu verzichten.
Sexualstörungen
Unterschieden werden sexuelle Funktionsstörungen beiderlei Geschlechts: Impotenz (fehlende oder geringe Gliedsteife), vorzeitiger Samenerguß, Orgasmusstörung, Lubrikationsstörung (Befeuchtungsmangel bei der Frau mit Schmerzen), Störungen der sexuellen Appetenz (des Verlangens) und Störungen im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität und sexuellen Entwicklung bis hin zur sexuellen Perversion.
In der psychodynamischen Therapie wird nach Verbindungen zwischen dem Auftreten des Symptoms und inneren und partnerschaftlichen Konflikten gefragt. Orientiert an der konkreten Behandlungsmotivation des einzelnen Patienten im Ergebnis der psychodynamischen Diagnostik wird ein individuelles Behandlungskonzept erarbeitet, das entweder auf die Störung selbst, auf deren soziale Folgen oder auf grundlegende Ängste nichtsexueller Art fokussiert, die im Hintergrund der Sexualstörung stehen und diese verstärken.